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    Gloria

    By Doreen Butze | February 14, 2013

    Von links nach rechts: Sergio Hernández und Paulina García in Sebastián Lelios Gloria, courtesy Berlinale 2013

    Von links nach rechts: Sergio Hernández und Paulina García in Sebastián Lelios Gloria, courtesy Berlinale 2013

    Gloria (Paulina García) ist eine 58-jährige Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Sie ist seit 13 Jahren geschieden. Die Kinder sind aus dem Haus und haben ihrerseits wieder Familien gegründet. Sie lebt selbstbestimmt und ist keineswegs vom Singledasein gefrustet, sondern eher von einer unansehnlichen Katze ohne Haare, die sich ab und zu vom Nachbarn in ihre Wohnung verirrt.

    Auf einer Single-Party lernt sie Rudolfo (Sergio Hernández) kennen. Er ist wie sie geschieden. Zwischen beiden entwickelt sich eine Art Beziehung. Während Gloria ihn schon bald in ihre Familie integriert, scheut sich Rudolfo vor diesem Schritt. Er bringt es einfach nicht übers Herz Gloria seinen beiden Töchtern vorzustellen. Für Gloria wird diese Situation zunehmend unbefriedigend. So gehen sie bald wieder getrennte Wege. Doch Gloria lässt sich davon nicht beeindrucken. Sie geht unbeirrt weiter, stärker als je zuvor.

    Zugegeben, als ich mich am frühen Morgen ins Kino setzte, gab ich dieses Film nicht viele Chancen, weil mich Filme über ältere Menschen im Allgemeinen (noch) nicht so sehr interessieren. Ich wurde jedoch eines Besseren belehrt.

    Gloria ist ein starker Film über eine starke Frauenfigur, die viele Facetten hat. Das macht sie sehr authentisch und sympathisch. Sie gestaltet aktiv ihr Leben, besucht Freunde, macht Sport, geht auf Partys oder versucht sich im Paintball-Schießen. Natürlich ist auch Gloria auf der Suche nach Nähe. Sie hofft noch einmal eine neue Liebe finden, aber sie jagt diesem Ziel nicht verbissen hinterher, sondern lässt alles entspannt auf sich zukommen. Außerdem versucht sie auch den Kontakt zu ihren beiden Kindern zu intensivieren.

    Regisseur Sebastián Lelio stellt die Figur der Gloria ganz klar in den Fokus des Films. Die Kamera folgt ihr auf Schritt und Tritt. Wir sind ganz nah dran, wenn sie im Auto sitzend Lieder aus dem Radio laut mitsingt oder sich kaum auf ihre Arbeit konzentrieren kann, weil sie an Rudolfo denken muss. Es ist ihre Perspektive der Geschichte, die der Zuschauer einnimmt.

    Auch die Körperlichkeit und das Sexleben älterer Menschen werden im Film mutig thematisiert. Lelio gibt aber seine Protagonisten nie der Lächerlichkeit preis, sondern behandelt sie mit Respekt. So sind auch die teilweise expliziten Sexszenen niemals peinlich. Trotzdem könnte beim ein oder anderen Zuschauer ein Gefühl der Befremdung auftreten, ist doch Sex im Alter immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft.

    Gloria ist ein mutiger und mutmachender Film über eine Frau jenseits der 50. Das starke Spiel von Paulina García trägt ihn in besonderer Weise. Und wenn in der Schlussszene Gloria nach all ihren Gefühlswirrungen allein auf die Tanzfläche geht und „ihr“ Lied „Gloria“ von Umberto Tozzi, mit ganz eigenen Bewegungen  interpretiert, dann wissen wir, Gloria hat sich selbst gefunden. Nichts kann sie mehr aufhalten.

    Topics: Film Reviews, International Reports | Comments Off on Gloria

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