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    Auf den zweiten Blick

    By Doreen Butze | October 10, 2013

    Pierre Sanoussi-Bliss und Milton Welsh, courtesy barnsteiner-film

    Pierre Sanoussi-Bliss und Milton Welsh, courtesy barnsteiner-film

    Mit Auf den zweiten Blick gelingt Regisseurin und Drehbuchautorin Sheri Hagen ein beachtlicher erster Langspielfilm voller Wärme und Zuversicht. Belohnt wurde ihre Arbeit mit dem Preis „Ein Schreibtisch am Meer“ beim 23. Internationalen Filmfest Emden-Norderney sowie den Preis des 4. Kirchlichen Filmfestivals Recklinghausen.

    Berlin: die pulsierende Metropole an der Spree. Eine Stadt, die nie schläft – laut, modern, multikulturell, immer in Bewegung und voller kreativer Energie. Hier leben, finden und lieben sich drei ganz unterschiedliche Paare. Die Radiomoderatorin Kay (Anita Olatunji) verliert nach einem Unfall ihr Augenlicht. Nachdem sich auch noch ihr Verlobter, der den Unfall verursachte, von ihr trennt, fällt es ihr zunehmend schwerer anderen Menschen zu vertrauen, bis sie Falk (Michael Klammer) kennen lernt. Neben Kay ist da noch Klassikliebhaber Till (Pierre Sanoussi-Bliss), der mit einer Frau zusammen lebt. Er sehnt sich aber nach einer Beziehung mit einem Mann und verliebt sich in den sehbehinderten Klavierstimmer Pan (Milton Welsh). Benjamin (Ingo Naujoks) ist blind und arbeitet in einer Taxizentrale. Er ist ein Kauz, der sich ein paar imaginäre Freunde erfunden hat, um seine Einsamkeit zu bewältigen. Sein Chef schickt ihn deswegen zur Gesprächstherapie. Dort begegnet er der Therapeutin Elena (Nele Rosetz), die ihre fortschreitende Erblindung vor ihrer Umwelt zu verbergen versucht. So unterschiedlich ihre Geschichten sind, so haben sie doch eine Gemeinsamkeit – ihre Blindheit bzw. Sehbehinderung.

    Regisseurin Sheri Hagen verwebt in ihrem Langfilmdebüt virtuos die episodenhaften Geschichten zu einem wunderbaren großen Ganzen. Es geht um das Suchen und Finden von Liebe und um, dass sich einlassen können auf andere Menschen. Besonders in Großstädten wie Berlin, ist dies oft ein Problem – Alleinsein und Einsamkeit können die Folge sein. Dabei ist die Blindheit keineswegs nur körperlich zu sehen. Im Film wird ebenso die emotionale “Blindheit” der Protagonisten beleuchtet. Da ist die misstrauische Kay, die jede Hilfe ablehnt, um ihre Unabhängigkeit nicht zu verlieren. Ein anderes Beispiel ist Elena, die sich weigert ihrer drohende Erblindung als Realität zu begreifen. Oder Benjamin, der sich nicht mit seiner Einsamkeit befassen will und sich deshalb “graue Gesellen” erfindet.

    Der tolle Soundtrack von Reggie Moore, der jazzig bis klassisch den Film untermalt, verbindet die einzelnen Episoden stimmungsvoll miteinander. Nicht unerwähnt bleiben soll ebenso die Kameraarbeit von Marcus Stotz, der es versteht, mit seinen Bildern den Zuschauern einen optischen Eindruck dessen zu vermitteln, was es heisst sehbehindert zu sein.

    Sheri Hagen ist ein warmherziger und mutmachender Film gelungen. Sie zeigt uns, was möglich ist, wenn wir unsere eigenen Ängste und Bedenken über Bord werfen und anderen Menschen Vertrauen schenken. Ein Punkt, der mir sehr gut gefallen hat, ist Sheri Hagens völlig vorurteilsfreier und selbstverständlicher Umgang mit Themen wie Behinderung oder Homosexualität. Nur so kann soziale Inklusion gelingen.

    Siehe auch Doreen Butzes Interview mit Sheri Hagen über ihren Film.

    Topics: Film Reviews, German Film | Comments Off on Auf den zweiten Blick

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