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Schuld sind immer die anderen
By Lida Bach | March 2, 2013
„Wir reden nicht über unsere Taten.“, erfährt Ben (Edin Hasanovic) von seinem Zimmernachbarn Tobi (Pit Bukowski). Bens Regelführer und Überwacher ist schon länger im Waldhaus, wo Ben nun zurechtkommen muss. Anfangs hadert der aggressive Jugendliche mit der Gemeinschaft, die das Gegenteil seines bisherigen Umfelds darstellt. Hier bestimmen Regeln und gegenseitiger Respekt den Umgang unter den Hausbewohner. Das einen sind Sozialarbeiterin Eva (Julia Brendler) und ihr Ehemann Niklas (Marc Ben Puch), die übrigen junge Straftäter wie Ben.
Für den impulsiven Gewalttäter ist das Waldhaus, wo er Selbstbeherrschung und sozialen Umgang lernen soll, die letzte Chance. Zunichte machen könnte sie ausgerechnet Eva, die selbst Opfer eines Verbrechens wurde. Die Täter entkamen, doch Ben kennt sie. Er ist einer davon und schuld an den traumatischen Folgen für Eva. „Bist du sicher, dass du das hier schaffst?“, fragt Niklas, als ihre frisch vernarbte Wunde mit dem wachsenden Verdacht gegen Ben erneut aufbricht. Insgeheim ist Eva nicht sicher. Gerade deshalb erzwingt sie die Konfrontation. Letzte kannte Ben bisher nur in gewaltsamer Form; eine simple Alternative zu der Auseinandersetzung mit Konsequenzen seines Tuns und abgestumpften Gewissens. Lars Gunnar-Lotz’ filmakademische Abschlussarbeit ist ein auf Dichte und Realismus abzielendes Spielfilmdebüt über die Herausforderung Verantwortung, sowohl beruflich, sozial als auch persönlich.
„Schuld sind immer die anderen.“ Unnachgiebig wiederholt Eva bei einer Gruppensitzung den Titelsatz, bis Ben ihn aufgreift und sich dabei wider Willens aus der psychischen Deckung begibt.
Schuld seien immer die anderen, die einen nur betrügen würden und nie für einen da seien. Das erste mal, dass die Handlung etwas von seinem persönlichen Hintergrund enthüllt, ist das letzte – zum Vorteil der Geschichte, die dort nur Stereotype von Vertrauensverlust und Vernachlässigung zu bieten scheint. Reibt sich Gunnar-Lotz stärker an der äußeren Hülle der Handelnden, dringen die Klischees durch. Alle Figuren opfern während des psychischen Kampfs ihren Sicherheitsabstand; ob zu einander oder ihren unterdrückten Gefühlen.
Nur der Zuschauer muss ihn bis zuletzt wahren, als kaschiere der Regisseur so die unschärferen Nuancen seines Jugenddramas. Überlegter Beobachter ist er vor allem aus der Distanz. Doch auch von dort sieht er mehr als manch anderer aus nächster Nähe.
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